Deutsch-Französische Kreativküche

Fotos: Birgit Leiß/Webredaktion

Wer im Hof der Geyer-Werke die Treppe hinuntersteigt, steht unvermittelt in einem großen, schönen Garten – im Sommer ein toller Ort, um sich gebratene Portobello in Soja-Zitronengras-Marinade, Sesamkartoffeln, Azukibohnen-Salat und Chili-Mayonnaise schmecken zu lassen. Oder eines der anderen Gerichte vom täglich wechselnden Mittagstisch. Statt nullachtfünfzehn Kantinenessen serviert das Team anspruchsvolle und überwiegend vegetarisch/vegane Gerichte, ohne abgehoben zu sein. Wir sind schließlich in einer Kantine. Nur eins sucht man vergeblich: Toasts. Der Name sei zwar originell, aber etwas irreführend, räumt Pierre Lorenz vom deutsch-französischen Betreiber-Trio ein: „Es gibt immer mal wieder Leute, die explizit danach fragen“. Lediglich gegrillte Sandwichs gibt es.

Geheimtipp für Feinschmecker

Die Kantine La Vie en Toast wurde im Juli 2021 eröffnet. Vorher haben die drei als Kochkollektiv für private Feiern und Filmdrehs das Catering gemacht. Irgendwann entstand der Traum von einem eigenen Restaurant. Neukölln, Treptow oder Kreuzberg sollte es sein, wie Pierre erzählt: „Dann sind wir auf diesen wunderbaren Ort gestoßen.“ Früher war hier eine reine Betriebskantine für die Beschäftigten der Geyer-Werke. Heute ist für alle geöffnet und an manchen Tagen, so sagt Pierre, sei das Verhältnis fünfzig-fünfzig: „Ein paar Büros aus der Umgebung haben uns entdeckt und Lehrkräfte aus der Hans-Fallada-Schule kommen zum Essen.“ Auch einige Eltern mit Kindern gehören zur Stammkundschaft.

Hohe Ansprüche, bezahlbare Preise

Den Toasties, wie sie sich nennen, geht es nicht nur ums Kochen. „Wir wollen etwas bewegen, die Gesellschaft mitverändern“, erklärt Pierre. Die Philosophie der drei: es gibt kein gutes Essen ohne gute Lebensmittel. Was in der Kantine auf den Tisch kommt ist zu fast 100 Prozent Bio, regional und saisonal. Sie wollen eine umwelt- und ressourcenschonende Landwirtschaft unterstützen, ohne dogmatisch zu sein. Der Spagat, auf der einen Seite fair und klimagerecht hergestellte Produkte zu verwenden und auf der anderen Seite alltagstauglich und halbwegs erschwinglich zu sein, ist nicht einfach. Zumal zu den Gästen nicht nur Studierende aus der Programmierschule und die jungen hippen Leute aus den Start-Ups und Coworking Spaces in den Geyer-Werken gehören. „Das Publikum ist ziemlich gemischt und für einige war es am Anfang ungewohnt, dass es nur einmal in der Woche Fleisch gibt“, sagt Pierre. Mittlerweile habe sich das eingespielt. 9,50 Euro kostet ein Mittagessen. Mittwochs gibt es ein Fleischgericht für 11 Euro. Catering machen sie nach wie vor. Es macht etwa die Hälfte des Umsatzes aus.

Kochen mit der Ernte vom Kiez

Die Toasties verstehen sich als Teil des Kiezes. Ihr Brot beziehen sie von Endorphina und sie kooperieren mit dem Projekt HarzAcker. Für die Lange Tafel am 15. September haben sie das Menü gezaubert, zu 90 Prozent mit dem, was ihnen Anwohner:innen sowie die Gärtner:innen aus der Gemeinschaftsparzelle vorbeibrachten. „Einen Tag vorher haben wir noch nicht gewusst, was uns gebracht wird“, erklärt Pierre. Aus dem selbstgezogenen Obst und Gemüse wurde dann ein Menü kreiert, das alle begeisterte.

Geöffnet ist Montag bis Donnerstag 9-15 Uhr, Mittagstisch ab 12 Uhr