„Für viele ist es wie ein zweites Wohnzimmer“

Das Team von bwgt vor dem Bauwagen auf dem Harzer Platz

Mike und Katrin von bwgt e.V. vor dem Bauwagen auf dem Harzer Platz

Der Bauwagen des Projektes "Harzer Kiez in Bewegung" auf dem Harzer Platz

Der Bauwagen des Projektes "Harzer Kiez in Bewegung" auf dem Harzer Platz

In der nordöstlichen Ecke des Spielplatzes, direkt an der Teupitzer Straße, steht der Bauwagen des Projektes "Harzer Kiez in Bewegung". Drumherum zieht sich ein Bauzaun mit einer Sichtschutzplane, es gibt eine Tischtennisplatte und eine Sitzecke. Die Sichtschutzplane, erzählt Projektkoordinatorin Katrin Germonprez, sorge dafür, dass sich die Jugendlichen sicher und unbeobachtet fühlen könnten.

 

Es gibt kaum Orte für Jugendliche

Die kleine umzäunte Fläche ist weit und breit der einzige Ort für Jugendliche ab 12 Jahren. Dabei ist der Bedarf groß, direkt am Platz wohnen viele rumänisch-stämmige Familien und die nächsten Jugendeinrichtungen sind weit weg.

Das Projekt Harzer Kiez in Bewegung begann 2022 damit, für Jugendliche und Familien kostenlose Bewegungsangebote zu schaffen. Erklärtes Projektziel ist, dass „Spielgelegenheiten und Sportaktivitäten die Möglichkeit bieten [sollen], mehr Bewegung in den Alltag zu integrieren und gemeinsam Neues auszuprobieren.“ Das zweite Ziel des Projektes ist die langfristige Etablierung eines Treffpunktes für Jugendliche im Kiez.

 

Zwischen Spielplatz und Hallensport

Vor Ort kümmert sich der ausgebildete Erzieher Mike von bwgt e.V. um die bis zu 20 Jugendlichen, die regelmäßig vorbeikommen. Von Mittwoch bis Samstag ist Mike nachmittags auf dem Spielplatz oder in der Remise, samstags bietet er zusätzlich in der Turnhalle der Eduard-Mörike-Grundschule Sport für Familien mit Kindern bis sechs Jahren an. Unterstützt wird er von Junior Coaches, die eine sogenannte „Juleica“, die Ausbildung zu Jugendgruppenleiter*innen absolviert haben.

 

Wohnungsgesellschaft stellt Remise zur Verfügung

Eigentlich hätten die Treffen auch im Winter am und im Bauwagen stattfinden sollen, aber die Projektteilnehmer*innen hatten Glück: Im Innenhof des benachbarten Häuserblocks stand eine Remise leer, die nunmehr seit Herbst 2024 genutzt werden kann. Die Eigentümerin des einstöckigen Baus, die Aachener Siedlungs- und Wohnungsgesellschaft mbH, stellt das Gebäude dem Projekt kostenlos zur Verfügung.

 

Die Remise hat noch einmal ganz neue Möglichkeiten eröffnet. In der selbst zusammengebauten Sitzecke können Gesellschaftsspiele gespielt werden, man kann Musik machen oder Hausaufgaben erledigen. Im Gegensatz zum Bauwagen ist es in der Remise im Winter warm und hell, es gibt Toiletten und fließend Wasser. Einmal pro Woche organisiert Mike einen Kinoabend, an dem Filme gezeigt werden, die sich die Jugendlichen vorher ausgesucht haben.

 

Angebot wird gut angenommen

„Die Kids sind froh, dass es das hier gibt. Manchmal habe ich das Problem, Feierabend zu machen. Ich glaube, vielen ist zuhause langweilig, manche wohnen zu sechst in zwei Zimmern“, erzählt Mike. Entsprechend dankbar werde das Angebot von bwgt e.V. angenommen, selbst Eltern würden manchmal Essen vorbei bringen. „Für viele ist es wie ein zweites Wohnzimmer“, sagt auch Katrin.

 

Jugendliche übernehmen selbst Verantwortung

Wichtig ist, dass die Jugendlichen selbst Verantwortung übernehmen, Beteiligung und Mitentscheidung ziehen sich durch das gesamte Projekt. Nach einer gemeinsamen Phase der Entwicklung eines Motivs, wurde der Bauwagen von den Jugendlichen mit Graffitis verziert. Für den Innenausbau des Wagens wurden vorher Modelle gebaut. Auch der Ablauf der Aktion am 1. Mai war maßgeblich die Idee der Jugendlichen: Die beiden Juleicas Nicoleta und Ligia haben vorher überlegt, was alles geputzt und instand gesetzt werden muss. Weil es am Bauwagen keinen Wasseranschluss gibt, hat Nicoleta einen Wassereimer von zuhause mitgebracht und später zusammen mit anderen Jugendlichen die Tischtennisplatte geschrubbt, die dem Projekt vom Neuköllner Straßen- und Grünflächenamt überlassen wurde.

 

Ziel ist ein dauerhafter Jugendort

Wie es weitergeht, ist noch nicht klar, aber ein festes Ziel des Quartiersmanagements und des Projektes ist die Schaffung eines dauerhaften Jugendortes im Kiez. Katrin legt Wert darauf, dass die Jugendlichen in jeder Planungs- und Umsetzungsphase beteiligt werden. „Es wird kein Gebäude geben. Also stellt sich die Frage, wie man den Ort qualifizieren kann.“ Um Ideen zu sammeln, werde das Projekt-Team zusammen mit den Jugendlichen in den nächsten Monaten Ausflüge zu anderen Jugendorten in Berlin unternehmen. „Beteiligung ist eine Kompetenz“, erklärt Katrin. „Man muss lernen, Wünsche zu entwickeln und eine Vorstellung von Raum und Größe gewinnen. Wie sollte etwas aussehen, damit ich umsetzen kann, was gewollt wird?“

 

Text/Fotos: M. Hühn, Webredaktion 2025