Lässige Schiebereien im historischen Gemäuer

berlinshuffleboardclub

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Birgit Leiß/Webredaktion

Birgit Leiß/Webredaktion

„Shuffleboard? Was soll das sein?“, wundert sich ein Mann, der auf den Rewe-Supermarkt in der Thiemann-/Ecke Weserstraße zueilt. Den weißen Container auf dem Parkplatz mit dem Schild „Shuffleboard Club“ hat er noch nie beachtet. Man könnte ihn für den Eingang zu einem Parkhaus halten. Oder für einen Jugendtreff. Doch an fünf Abenden in der Woche öffnet sich hier die Tür zu Deutschlands einzigem Shuffleboard-Club. Man steigt ein paar Treppen hinab in den Keller und steht dann in einem Gewölbe mit langen Bahnen, Spieltischen und alten Flipperautomaten – eine riesige Spielwiese für Erwachsene.

Uncooler Rentnersport?

In Deutschland ist Shuffleboard noch ziemlich unbekannt und gilt zudem als uncool. „Wir leisten da Pionierarbeit“, erklärt Alexander Müller-Seewald, der den Club zusammen mit Falko Nadol betreibt. Alex hat das Spiel bei einer USA-Reise kennengelernt und war gleich begeistert. Am schönsten findet er, dass man das ganz entspannt mit einem Glas Bier in der Hand spielen kann: „Man kann nett was zusammen trinken, sich unterhalten und nebenbei hat man noch eine Beschäftigung, die Spaß macht.“ Die Spielregeln sind simpel. Im Wesentlichen geht es darum, Scheiben mit einem speziellen Schieber in eines der Punktfelder auf der Spielbahn zu schieben. 10 Bodenbahnen gibt es im Neuköllner Club, außerdem 5 Tische, wo man zu zweit spielen kann. Shuffleboard kommt ursprünglich aus England und wurde dort bereits im 15. Jahrhundert in Pubs am Tresen gespielt. Bei der Auswanderungswelle Mitte des 19. Jahrhunderts war es auf den wochenlangen Schiffsfahrten von Europa in die USA ein beliebter Zeitvertreib. Das Spielfeld wurde einfach aufs Deck gemalt und die Paddel der Rettungsboote dienten als Schieber.

Moderne Technik und industrieller Charme

Doch wie sind Alex und sein Geschäftspartner an diesen tollen Ort gekommen? Einst befand sich hier eine Fabrik, in der zunächst Registrierkassen und mit Beginn des Zweiten Weltkriegs Rüstungsgüter produziert wurden. Das amerikanische Unternehmen NCR (National Cash Register), das seit 1920 seinen Standort in Neukölln hatte und 1934 mit der Krupp-Registrierkassen-Gesellschaft fusionierte, hatte zwischen Werrastraße und Sonnenallee einen riesigen Fabrikkomplex errichtet. 500 jüdische Zwangsarbeiter:innen mussten in der Fabrik Zwangsarbeit leisten. Eine Registrierkasse im Büro von Alex und Falko erinnert an diese Geschichte. Dort, wo jetzt die Scheiben geschoben werden, stand einst das Fließband. Es sei ein riesiger Zufall gewesen, dass sie die Immobilie im Internet gefunden haben, erzählt Alex. „Die Maklerin wollte sie uns zuerst gar nicht zeigen.“ Sie seien „zu räudig“. Über ein Jahr lang wurden die 1300 Quadratmeter großen Räumlichkeiten umgebaut. „Moderne Lüftungsanlage, Heizung, Elektrik - wir haben alles selber gemacht“, berichtet Alex.

Geburtstag feiern im Shuffleboard-Club

Ende 2019 war die Eröffnung. Seit die Pandemie vorbei ist, brummt der Laden. Vor allem an den Wochenenden ist es ganz schön voll. Wichtig ist den beiden Betreibern der persönliche Touch. „Wir könnten ein Video mit den Spielregeln laufen lassen, aber wir wollen die Leute gut betreuen“, erklärt Alex, der an manchen Abenden so oft die Regeln erklärt, bis er heiser ist. Größtes finanzielles Standbein sind Firmenbuchungen, Geburtstagsfeiern und Ähnliches. Die Gäste kommen aus ganz Berlin. Es sind vor allem junge Leute, die Shuffleboard für sich entdeckt haben, aber manchmal kommen auch Neuberliner:innen mit ihren Eltern, die gerade zu Besuch sind. Das freut Alex ganz besonders: „Ich finde, es ist ein generationsübergreifendes Spiel.“